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Diagnose und Therapie
Diagnose
Der erste Hinweis auf eine Infektion mit Kopfläusen ist der quälende Juckreiz auf der Kopfhaut. Die Diagnose wird durch den Nachweis von entwicklungsfähigen Eiern (Nissen), Nymphen oder adulten Läusen gestellt. Entwicklungsfähige Eier sind grau-braun und haften weniger als 1 cm vom Haaransatz entfernt.
Bevorzugte Stellen sind die Stellen hinter den Ohren und der Nacken. Eier, die weiter als 1 cm von der Kopfhaut entfernt sind, sind kein Beweis für eine akute Erkrankung.
Zum Nachweis eines Kopflausbefalls muss der Kopf gründlich abgesucht werden.
Sicherer ist das systematische Auskämmen. Hierzu wird das Haar zuerst großzügig mit einer handelsüblichen Pflegespülung durchfeuchtet. Die Pflegespülung hemmt die Läuse in ihrer Bewegung und die enthaltenen Öle und Schmierstoffe machen die Haare glatter und leichter kämmbar. Anschließend wird das Haar in Strähnen gelegt und mit einem Läusekamm systematisch ausgekämmt.
Der Läusekamm sollte aus Metall oder stabilem Kunststoff bestehen. Der Abstand zwischen den Zinken des Kamms darf nicht größer als 0,2 mm sein. Der Kamm wird an der Kopfhaut angesetzt und bis zu den Haarspitzen durchgezogen. Nach jedem Kämmen wird der Kamm auf einem Tuch abgestrichen. Bei Befall werden hier die erfassten Kopfläuse sichtbar.
Wenn bekannt ist, dass Läuse im Umlauf sind, sollte diese Maßnahme auch ohne akuten Juckreiz durchgeführt werden. Läusekämme sind in der Apotheke erhältlich.
Therapie
Das sporadische Auftreten von Kopfläusen stellt den Arzt vor therapeutische Probleme: Insektizide können kaum nebenwirkungsfrei sein, wird doch von ihnen eine akute Giftigkeit – zumindest für die Parasiten – erwartet.
In Deutschland stehen zwei sich ergänzende Therapieansätze zur Verfügung:
- das mechanische Entfernen der Läuse mittels Läusekamm und
- das Auftragen von Anti-Läusemitteln (Pedikulozide) auf die Kopfhaut.
Medikamente zum Einnehmen sind für die Behandlung von Kopfläusen in Deutschland nicht zugelassen.
Anti-Läusemittel (Pedikulozide)
Neurotoxisch wirkende Pedikulozide enthalten Pyrethroide (Pyrethrum, Permethrin, Allethrin). Sie blockieren die Natriumkanälchen in den Nervenmembranen der Kopfläuse. Pyrethroide wirken als Kontaktgifte, die bei der Laus eine starke Erregung, Lähmung und Tod hervorrufen. Die Wirkstoffe zeichnen sich durch eine hohe Selektivität aus: sie wirken auf Insekten ca. 4400-fach stärker als auf Menschen und andere Säugetiere.
Pyrethroide wirken nicht ausreichend auf die Nissen. Daher ist immer eine zweite Behandlung nach 8-10 Tagen notwendig um die nachschlüpfenden Läuse noch vor ihrer Geschlechtsreife zu töten.
Pedikulozide auf pflanzlicher Basis enthalten ätherische Öle und teilweise auch pflanzliche Fettsäuren. Nur für zwei Präparate (Paranix und Mosquito-Läuse-Shampoo) wurde die Wirksamkeit nachgewiesen. Sie sind in die amtliche Entwesungsmittelliste aufgenommen worden. Bei einigen pflanzlichen Anti-Läusemitteln gestaltet sich die Anwendung kompliziert. Je nach Präparat muss das Mittel fünfmal im Abstand von drei Tagen aufgebracht werden.
Physikalisch wirkende Pedikulozide enthalten Dimeticone (Polymere auf Siliziumbasis, Silikone) als Wirkstoffe. Sie verstopfen den Läusen ihre Atemwege und sollen so die Läuse abtöten. In den menschlichen Organismus werden sie nicht aufgenommen. Allerdings ist ihre Wirksamkeit nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Einzelne Studien zeigten eine Heilungsrate zwischen 70 und 90%. Dimeticone sollen auch die Luftzufuhr der Nissen stoppen und diese abtöten. Solange dies aber nicht durch klinische Studien bestätigt ist, sollten auch diese Pedikulozide zweimal im Abstand von 8-10 Tagen angewendet werden.
Achtung: Anti-Läusemittel, die Dimeticone und Cyclomethicon als Lösungsmittel enthalten, können sich sehr leicht entzünden. Während der Einwirkzeit des Produkts müssen die Haare von Zündquellen jeder Art (z.B. Zigaretten, Gasboiler, Föhn, Kerzen, etc.) unbedingt ferngehalten werden!
In der so genannten Entwesungsmittelliste des BVL werden folgende zugelassene Mittel genannt (Stand 20.6.2008):
Name | Wirkstoff | Bemerkungen |
Jacutin Pedicul Spray * | Allethrin + PBO | 1), 2) |
Infectopedicul * | Permethrin | |
Goldgeist Forte * | Pyrethrum + PBO | |
Mosquito Läuse-Shampoo * | Wirkstoffmischung | |
NYDA * | Dimeticon, Triglyc. | |
Jacutin Pedicul Fluid * | Dimeticon |
* teilweise gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen ®
1) Risiko einer Aufnahme der Inhaltsstoffe über die Lunge (blitz-arznei-telegramm 08.07.2009)
2) Gefahr von Verpuffungen und Verbrennungen (blitz-arznei-telegramm 08.07.2009)
Mechanische und chemische Verfahren
Zur Kopflausbehandlung kommen auch alternative Möglichkeiten in Betracht: Läuse können nach der stammesgeschichtlich schon sehr alten Methode beseitigt werden: man sucht sie heraus und zerdrückt sie. Bei langen und unübersichtlichen Haaren kann ein kurzer Haarschnitt zumutbar sein, der dann auch die Entfernung der Nissen mit einem feinen Kamm (Läusekamm) erleichtert.
Festsitzende Nissen sollen nach einer Kopfwäsche mit 2,5%igem Essig (Speiseessig, 1 : 1 verdünnt) leichter entfernbar sein. Es gibt weitere Methoden, bei denen auf Pyrethrum/Pyrethroide und auf Lindan verzichtet wird, deren nachhaltige Wirkung aber nicht belegt ist.
Die Hamburger Verbraucherzentrale empfahl vor einigen Jahren verschiedene physikalische Verfahren (Rapsölemulsion, Saunabesuch, Schwebehaube).
Das Umweltbundesamt (J. Herrmann 1995) weist darauf hin, dass einige Methoden zum Beispiel für Maßnahmen in Gemeinschaftseinrichtungen nicht geeignet sind:
- Zu Rapsöl liegen keine Erkenntnisse zur Wirksamkeit gegen Kopfläuse vor.
- Beim Saunabesuch wird die zur Abtötung erforderliche Lufttemperatur unmittelbar auf der Kopfhaut nicht erreicht, da der Körper durch Schweißproduktion gegenreguliert.
- Warmlufthauben: Nach Erfahrungen des Umweltbundesamtes ist die Einwirkung von Warmluft (45 bis 46 Grad Celsius) über eine Stunde hinweg im Bereich der Kopfhaut ausreichend, die Läusepopulation einschließlich der Nissen zu töten. Allerdings wird bei Temperaturen oberhalb von 48 Grad die Kopfhaut geschädigt. Temperaturen oberhalb von 65 Grad führen zu Verbrennungen.
Physikalische Verfahren
Im November 2006 berichteten Forscher der Universität Utah (USA) über ihre vergleichenden Versuche, mit heißer Luft eine Abtötung der Läuse und Nissen zu erreichen (Goates und Mitarbeiter, 2006). Das von ihnen entwickelte Heißluftgebläse (“Lousebuster”) sei in der Lage, innerhalb von 30 min. bei 60 Grad C 98 % der Nissen und 80 % der ausgeschlüpften Läuse durch Austrocknung abzutöten. Das Gerät sollte angeblich in 2 Jahren marktreif sein, eine Recherche im März 2009 verlief jedoch ergebnislos.
Neuerdings ist ein “Elektronischer Läusekamm” erhältlich, der Läuse durch eine zwischen den Zinken anliegende Spannung abtöten oder zumindest betäuben soll. Seine Wirksamkeit ist umstritten, da der Abtötungsgrad nicht ausreichend ist und betäubte Läuse sehr wohl überlebens- und vermehrungsfähig sind.
“Erstickungsmittel” (Dimeticon)
Läusemittel auf der Basis von Dimeticon (einer langkettigen Silikonverbindung) wirken rein physikalisch, indem sie tief in die feinen Atemöffnungen der Läuse, Larven und Nissen eindringen und diese verkleben. Handelsnamen sind u.a. Nyda L ®, EtoPril ® und Jacutin Pedicul Fluid ® (die Nennung erfolgt ausschließlich zu Identifizierungszwecken, da ähnlich lautende Präparate mit anderer Zusammensetzung erhältlich sind).
Für einige dieser Medizinprodukte liegen Studien zur Wirksamkeit vor. Die Wirksamkeit ist meist etwas geringer als die der pyrethrum- bzw. pyrethroidhaltigen Präparate; die dimeticonhaltigen Mittel werden daher von Stiftung Warentest (September 2008) als “mit Einschränkung geeignet” eingestuft.
Während und nach der Anwendung sind offene Flammen fernzuhalten, da die Mittel leicht brennbare Bestandteile enthalten. Auch Haartrockner können gefährlich werden (Stiftung Warentest, Heft 03/2009, S. 81).
Bei Kopflausbefall während einer Schwangerschaft ist ihre Anwendung durchaus sinnvoll – dann sind sie insektizidhaltigen Präparaten vorzuziehen.
Die Deutsche Pediculosisgesellschaft gibt in ihrem Webauftritt einen Überblick über “Läusemittel mit Wirksamkeitsbeleg”.
Weitere Maßnahmen
Das Scheren einer Glatze ist zwar eine wirksame Methode um Läuse zu bekämpfen. Allerdings stehen weniger radikale und trotzdem effektive Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Intensive Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen sind weitestgehend überflüssig. Sobald eine Kopflaus für einige Stunden den Kopf verlassen hat, ist sie nicht mehr in der Lage Blut zu saugen und trocknet aus.
Vorsorglich können Kämme, Haarbürsten, Haarschmuck in heißer Seifenlösung gereinigt werden.
Benutzte Nacht-, Bett- und Unterwäsche sowie Kopfbedeckungen können in herkömmlicher Weise gewaschen werden. Aus toxikologischen Gründen ist von der Anwendung von Insektensprays abzuraten.
Fazit
Ein Kopflausbefall ist lästig aber nicht gefährlich. Wenn ein Kopflausbefall schnell und effektiv mit Läusekamm und Anti-Läusemitteln behandelt wird, ist die Infektion schnell ausgestanden.
- Das Robert Koch-Institut empfiehlt ein kombiniertes Vorgehen mit chemischen, physikalischen und mechanischen Mitteln. Das erscheint auch deshalb sinnvoll, da Kinderärzte jetzt erste Resistenzen gegen bestimmte Kopflausmittel auf Permethrinbasis feststellen. Die Resistenz ist in erster Linie auf einen verzögerten Wirkungseintritt des Permethrins zurückzuführen. Da Läuse aber in der Regel ihren Wirt nicht verlassen, werden resistente Läuse in den allermeisten Fällen dennoch abgetötet.
- Praxiserfahrungen zeigen, dass für den Erfolg die korrekte Anwendung der gewählten Mittel entscheidend ist.
Das betrifft insbesondere
- die ausreichende Dosierung der Mittel,
- die Einhaltung der Einwirkzeit und
- die obligatorische Nachbehandlung etwa 8 – 10 Tage nach der Erstbehandlung.
Weitere Informationen rund um das Thema Kopfläuse und den Möglichkeiten zu ihrer Bekämpfung finden Sie unter: www.bzga.de und bei der Deutschen Pediculosis Gesellschaft e.V. Auch der Wikipedia-Text ist sehr informativ.
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Autor/innen: Dr. M. Otto | J. Linnemann, M. Sc.
Zuletzt aktualisiert: 17.07.2024