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Calcineurin-Inhibitoren (Cyclosporin A, Tacrolimus, Pimecrolimus)
Pilze sind Lieferanten hochwirksamer Substanzen, die immer wieder für die Medizin nutzbar gemacht werden konnten. Nicht nur das Antibiotikum Penizillin stammt aus Pilzen, sondern auch Substanzen wie Cyclosporin A, Tacrolimus und Pimecrolimus.
Tacrolimus, Pimecrolimus und Cyclosporin A sind Medikamente, die das Immunsystem hemmen. Sie gehören zu den Calcineurin-Inhibitoren und wirken antientzündlich. Calcineurin ist ein Enzym, das im Zellkern von Immunzellen (T-Lymphozyten, Basophilen) über mehrere Schritte die Bildung wichtiger Entzündungsaktivatoren anregt. Die Hemmung der Calcineurinwirkung (Calcineurin-Inhibition) führt auf diese Weise zu einer verminderten Reaktion des Immunsystems (Schwarz 2003).
Cyclosporin A
Cyclosporin A ist ein sehr wichtiges Medikament in der Transplantationsmedizin, es hat sich aber auch bei der Therapie der schwersten Verläufe der Neurodermitis (atopische Dermatitis) bewährt.
Aufgrund damit oft verbundener Nebenwirkungen wird Cyclosporin A nur zusammen mit erfahrenen Behandlungseinrichtungen eingesetzt. Auf die Haut aufgebracht, wird Cyclosporin A nur ungenügend aufgenommen, sodass es sich nicht für die Verwendung in Cremes oder Salben eignet (Schwarz 2003). Stattdessen wird es in Tablettenform verabreicht und wirkt auf den gesamten Organismus. Daher wird Cyclosporin A nur in sehr schweren Verlaufsformen der Neurodermitis eingesetzt.
Die Dosierung orientiert sich am Körpergewicht des Patienten. In der Regel verabreicht der Arzt eine tägliche Dosis von 2,5 bis 3,5 mg Cyclosporin A pro kg Körpergewicht. Die Obergrenze liegt bei 5 mg pro kg Körpergewicht. Die Dosis wird auf zwei Tablettengaben – je morgens und abends – verteilt.
Tacrolimus (FK 506)
Tacrolimus, auch FK 506 genannt, hat aufgrund des ähnlichen Wirkungsmechanismus wie Cyclosporin A einen festen Platz in der Behandlung von Transplantationspatienten gefunden.
Als Tabletten, Tropfen oder Infusionen verabreichtes Tacrolimus wird auch zur Therapie anderer Erkrankungen, für die eine Unterdrückung des Immunsystems gebraucht wird, eingesetzt.
Seit über 10 Jahren gibt es auch eine topische Anwendung, das heißt, das Medikament wird in Form einer Salbe direkt auf die Haut aufgetragen. Da Tacrolimus andere chemische Eigenschaften als Cyclosporin A besitzt, kann es in einer fetten Salbengrundlage auch für die Behandlung der atopischen Dermatitis (Neurodermitis) eingesetzt werden. Das Medikament wird ausreichend gut in die Hautzellen aufgenommen, um hier seine Wirkung zu entfalten.
Topisches Tacrolimus in Konzentrationen von 0,03 Prozent und 0,1 Prozent wurde unter dem Namen Protopic® zur Behandlung der mittelschweren und schweren atopischen Dermatitis 2002 zugelassen. Die 0,03%ige Zubereitung darf auch für Kinder ab 2 Jahren verwendet werden.
Die Arbeitsgemeinschaft Neurodermitis der Gesellschaft für Pädiatrischen Allergologie und Umweltmedizin e.V. empfiehlt den Einsatz erst für Kinder ab 3 Jahren (Ahrens, Frey, Hettegger, Mischo, Spindler, & Szczepanski, 2009).
Wirkung von Tacrolimussalbe
Studien bei Erwachsenen (Reitamo 2002) und Kindern (Reitamo 2002) zeigen eine sehr gute Wirksamkeit. Es kommt zu einer Verbesserung des Juckreizes und einer deutlichen Besserung des Hautzustandes innerhalb von kurzer Zeit.
Die 0,1-prozentige Zubereitung ist der 0,03-prozentigen überlegen. Im Vergleich zu einem schwach wirksamen Kortikosteroid zeigen beide Konzentrationen gleiche bis leicht bessere Wirkungen. Ein Vorteil zum Vergleich zur Kortikosteroidtherapie liegt darin, dass es nicht zur Verdünnung (Atrophie) der Haut kommt.
Im akuten Schub wird die Salbe zweimal am Tag aufgetragen. Wenn die Symptome verschwunden sind, kann Protopic® zweimal pro Woche auf die üblicherweise betroffenen Hautstellen aufgetragen werden. Diese Erhaltungstherapie sollte nicht länger als drei Monate durchgeführt werden.
Das Tacrolimusmolekül ist mit über 800 Dalton relativ groß aber ausreichend klein, um in die geschädigte Haut einzudringen. Die gesunde Haut nimmt aber nur Moleküle auf, die kleiner als 500 Dalton sind. Das hat zur Folge, dass die Haut, je gesünder sie wird, desto weniger Tacrolimus aufnimmt. Im Laufe der Therapie limitiert sich der Wirkstoff also selbst (Bieber & Bauer-Delto, 2009).
Das Medikament eignet sich aber dennoch nicht für großflächige Anwendungen, da es zu Therapiebeginn auch in die Blutbahn übergeht. Somit sind dosisabhängig stärkere systemische Nebenwirkungen möglich.
Nebenwirkungen von Tacrolimussalbe und Sicherheitshinweise
Als Nebenwirkungen können sehr häufig auftreten:
- Brennen der Haut,
- Juckreiz und
- Hautrötungen.
Häufig, d.h. bei mehr als einem von hundert Behandelten, können Hautinfektionen wie Furunkel, Eiterflechten oder Viruserkrankungen wie Herpes, Windpocken, Dellwarzen und andere Warzen, vorkommen.
Unter der Therapie mit Tacrolimus darf die Haut nicht ungeschützt dem Sonnenlicht ausgesetzt werden, deshalb ist zusätzlicher Lichtschutz der Haut wichtig (Bauer 2003). Die Salbe sollte nicht in die Augen und auf die Schleimhäute gelangen (nach der Anwendung die Hände waschen und besondere Vorsicht bei Behandlung der Hände selbst).
Aus Sicherheitsgründen sollte man bei Verwendung der Tacrolimussalbe und geplanten Impfungen auf ausreichende Zeitabstände achten.
Bieber und Bauer empfehlen 28 Tage für Lebendimpfstoffe (z.B. Masern, Mumps, Röteln) und 14 Tage für Totimpfstoffe (z.B. Influenza, Tetanus oder Hepatitis A und B). Allerdings konnte in Studien kein nachteiliger Effekt von Tacrolimussalbe auf die Immunantworten gezeigt werden (Hengge & Marini, 2007).
Kritisch ist, dass gerade für das Kindesalter noch Langzeiterfahrungen fehlen. Somit ist das Risiko für mögliche Nebenwirkungen wie die Bildung von Hauttumoren (Lymphome) und die häufigere und stärkere Ausbreitung von Virusinfektionen (Windpocken, Herpes) nicht genau abzuschätzen (Allen 2002).
Hierzu gehen die Meinungen der Experten weit auseinander. Während die amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) einen Warnhinweis in die Packungsbeilage drucken lässt, wonach Tacrolimus und Pimecrolimus möglicherweise die Entstehung von Hauttumoren und Lymphomen befördern, sieht die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) diese Warnung als nicht gerechtfertigt an (Richter-Kuhlmann, 2005).
Die meisten Hautkrebsarten (Basaliom und Spinaliom) haben eine sehr lange Entstehungszeit. Für eine abschließende Bewertung, ob Tacrolimussalbe die Entwicklung dieser Hautkrebsarten fördert, ist das Präparat noch nicht lange genug in der Anwendung. Das arznei-telegramm fordert, Immunsuppressiva nur dann einzusetzen, wenn andere Mittel ausgeschöpft sind (A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH, 2005).
Ein weiterer großer Nachteil ist sicherlich der sehr hohe Preis. 30 Gramm der 0,1-prozentigen Salbe kosten zurzeit € 52,38 (Stand: April 2012). Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am 20. Februar 2004 einen Therapiehinweis nach Nr. 14 der Arzneimittelrichtlinien zu “Tacrolimus zur topischen Behandlung” im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht: Dt. Ärzteblatt, Jg.101, Heft 8, 20. Feb. 2004: C433-C435.
Pimecrolimus
Pimecrolimus (auch Ascomycin oder SDZ ASM 981 genannt) ist wie Tacrolimus auch topisch wirksam und in einer Cremezubereitung unter dem Handelsnamen Elidel® seit Oktober 2002 auf dem Markt. Pimecrolimus ist in einer Konzentration von 0,1 Prozent in Deutschland zur Behandlung leichter bis mittelstarker Formen der atopischen Dermatitis für Kinder ab 2 Jahren zugelassen.
Wirkung der Pimecrolimuscreme
In klinischen Studien konnte eine deutliche Verringerung der Symptome auch bei kleinen Kindern unter zwei Jahren (Kapp 2002), Kindern über zwei Jahren (Wahn 2002) und Erwachsenen (Paller 2001) nachgewiesen werden. Schweregrad der atopischen Dermatitis und Juckreiz nahmen deutlich ab.
Daneben konnte gezeigt werden, dass die Freisetzung von Entzündungsmediatoren aus Basophilen und Mastzellen der Haut reduziert wird, was zur antientzündlichen Wirkung an der Haut beiträgt. (Zuberbier 2001).
Im Gegensatz zu der Anwendung von Kortikosteroiden auf der Haut kommt es bei Pimecrolimus nach den bisherigen Erkenntnissen nicht zu einer Verdünnung (Atrophie) der Haut. Pimecrolimus wird in einer Cremegrundlage eingearbeitet, sodass es auch im Gesicht oft besser akzeptiert und vertragen wird als die fettere Salbengrundlage der Tacrolimus-Zubereitung (Schwarz 2003).
Die Aufnahme von Pimecrolimus in die Haut und über die Haut in die Blutbahn ist geringer als bei Tacrolimus.
Nebenwirkungen von Pimecrolimuscreme und Sicherheitshinweise
Sehr häufig tritt nach Anwendung Brennen auf der Haut auf.
Häufig können Reizungen, Juckreiz und Rötungen der Haut sowie Hautinfektionen vorkommen.
Gelegentlich, d.h. bei mehr als einem von tausend Behandelten, können Furunkel, Eiterflechten oder auch Viruserkrankungen (z.B. Herpes, Windpocken, Dellwarzen und andere Warzen) auftreten und sich stark ausbreiten.
Auch unter der Therapie mit Pimecrolimus darf die Haut nicht ungeschützt dem Sonnenlicht ausgesetzt werden, deshalb ist zusätzlicher Lichtschutz der Haut wichtig (Bauer 2003). Die Creme sollte nicht in die Augen und auf die Schleimhäute gelangen. (Nach der Anwendung die Hände waschen und besondere Vorsicht bei Behandlung der Hände selbst).
Für Pimecrolimus gilt wie für Tacrolimus, dass die Indikation sehr genau gestellt werden muss, da fehlende Langzeiterfahrungen, potenzielle Nebenwirkungen und auch die hohen Therapiekosten einen unbegrenzten und unkritischen Einsatz verbieten. 30 g Creme kosten € 45,40 (Stand April 2012).
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat in seiner Sitzung am 4. September 2003 beschlossen, die Anlage 4 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung zu ändern bzw. zu ergänzen: Therapiehinweis nach Nr.14 der Arzneimittelrichtlinien Pimecrolimus zur topischen Behandlung Dt. Ärzteblatt, Jg.101, Heft 9, 27. Feb. 2004: A601-603.
Zusammenfassende Bewertung
Insgesamt gibt es wenige randomisierte, kontrollierte Studien, die sich mit der Wirksamkeit und den Nebenwirkungen von Calcineurin-Inhibitoren bei Kindern befassen. Dies gilt insbesondere für Pimecrolimus (Fröschl, Arts, & Leopold, 2008).
In einer randomisierten, kontrollierten Studie gibt es eine Patientengruppe, die das neue Medikament erhält (Experimentalgruppe) und eine Patientengruppe, die ein Scheinmedikament (Placebo) oder ein bekanntes Präparat verwendet (Kontrollgruppe). Randomisiert bedeutet, dass die Studienteilnehmer zufällig einer der beiden Gruppen zugeordnet werden. Das garantiert den objektiven Nachweis der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit einer Therapie. (Windeler, Antes, Behrens, Donner-Banzhoff, & Lelgemann, 2008).
Entscheidend ist die sehr genaue Indikationsstellung, das heißt, dass die Patienten, für die dieses neue Medikament eingesetzt werden kann, sehr exakt ausgewählt sein müssen, damit ein sicherer Einsatz zu vertreten ist.
Die Praxis zeigt, dass stark wirksame Kortikosteroide auf der Haut wirksamer sind als topisches Tacrolimus und Pimecrolimus. Zudem sind die Nutzen-/Risikoaspekte der lokalen Kortikoidtherapie bereits seit über 50 Jahren bekannt. Deshalb werden Kortikosteroide auch zukünftig in der Behandlung der atopischen Dermatitis ihren wichtigen Stellenwert, insbesondere bei der Akuttherapie haben.
Die neuen Medikamente scheinen aber eine erhebliche Bereicherung der therapeutischen Möglichkeiten in der Behandlung der atopischen Dermatitis zu sein (Ruzicka 2000, Bauer 2003, Schwarz 2003).
Autor/innen: Dr. S. Schmidt, M. Sc. J. Linnemann
Zuletzt aktualisiert: 14.01.2024