Was sind Referenzwerte, was sind HBM-Werte? Wie werden sie ermittelt? Was haben sie gemeinsam und worin unterscheiden sie sich?
Ganz allgemein:
Referenz- und HBM-Werte (HBM-I und HBM-II) gelten für einen bestimmten Stoff in einem bestimmten Körpermedium (Blut, Urin usw.) bei einer bestimmten Personengruppe (unter Angabe von Geschlecht und Altersbereich).
Diese Werte müssen vorliegen, um später die gemessene individuelle Belastung einer Person richtig einordnen zu können.
In Deutschland kümmert sich hauptsächlich die beim Umweltbundesamt angesiedelte Kommission Human-Biomonitoring um die Festlegung von Referenz- und HBM-Werten.
Sie hat auch Definitionen für beide Wertearten erarbeitet:
Referenzwert
“Der Referenzwert für einen chemischen Stoff in einem Körpermedium (z. B. Blut, Urin) ist ein Wert, der aus einer Reihe von Messwerten einer Stichprobe aus einer definierten Bevölkerungsgruppe nach einem vorgegebenem statistischen Verfahren abgeleitet ist ... (siehe Richtlinie der UPAC in Pure & Appl. Chem., Vol.. 69, No. 7, pp. 1601-1611, 1997). Die Kommission Human-Biomonitoring legt, in Anlehnung an diese Schrift, als Referenzwert das innerhalb des 95 %-Konfidenzintervall gerundete 95. Perzentil der Messwerte einer Stoffkonzentration in dem entsprechenden Körpermedium der Referenzpopulation fest.“ (Kommission Human-Biomonitoring, 1996).
Vereinfacht gesagt, liegen von 100 Personen dieser Bevölkerungsgruppe 95 unter dem Referenzwert und 5 Personen darüber.
Bei der Ermittlung von Referenzwerten müssen bestimmte Einfluss- und Störfaktoren berücksichtigt werden. Neben Alter und Geschlecht sind dies der Sozialstatus, die ethnische Zugehörigkeit, ggf. der Wohnort und die Wohndauer, Trink- und Rauchgewohnheiten.
HBM-I-Wert
“Der HBM-I-Wert entspricht der Konzentration eines Stoffes in einem Körpermedium, bei dessen Unterschreitung nach dem aktuellen Stand der Bewertung nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen ist und sich somit kein Handlungsbedarf ergibt. Eine Überschreitung des HBM-I-Wertes sollte Anlass sein, den Befund durch weitere Messungen zu kontrollieren, bei Bestätigung der Ursache für die Erhöhung nachzugehen und ggf. verantwortliche Belastungsquellen, soweit unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit sinnvoll, zu mindern und zu eliminieren.”
(Kommission Human-Biomonitoring, 1996).
HBM-II-Wert
“Der HBM-II-Wert entspricht der Konzentration eines Stoffes in einem Körpermedium, bei dessen Überschreitung eine für die Betroffenen als relevant anzusehende gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist. Bei Überschreitung des HBM-II-Wertes ist eine umweltmedizinische Betreuung (Beratung) der Betroffenen zu veranlassen und, soweit möglich, Maßnahmen zur Minderung der Belastung zu ergreifen.
Der HBM-I-Wert ist quasi als Prüf- oder Kontrollwert und der HBM-II-Wert als Interventions- oder Maßnahmenwert anzusehen.“ (Kommission Human-Biomonitoring, 1996).
“Die Human-Biomonitoring-(HBM)-Werte (HBM-I und -II) werden … auf der Grundlage von toxikologischen und epidemiologischen Untersuchungen abgeleitet. Bisher stützte sich die Ableitung von toxikologisch begründeten HBM-Werten üblicherweise auf Studien, in denen ein Zusammenhang zwischen der Konzentration eines Stoffes oder seiner Metaboliten in menschlichen Körperflüssigkeiten und dem Auftreten adverser Wirkungen nachgewiesen wurde. Für zahlreiche Substanzen fehlen jedoch Studien zu relevanten biologischen Wirkungen am Menschen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Kommission entschieden, zur Ableitung von HBM-Werten künftig auch bereits toxikologisch begründete tolerable Aufnahmemengen mit heranzuziehen.”
(Kommission Human-Biomonitoring, www.umweltbundesamt.de/gesundheit/monitor/definitionen.htm, 2010).
Animation
Die Animation in Kapitel 9 zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Ermittlung und Festlegung von Referenzwerten und HBM-I- bzw. HBM-II-Werten.
Aus didaktischen Gründen wurde angenommen, dass diese Werte bei einem Personenkollektiv von genau 100 Personen ermittelt werden sollen. Die (gelegentlich praktizierte) Verwendung von Sicherheitsfaktoren bei der Ableitung von HBM-Werten ist nicht dargestellt.
Referenzwerten und HBM-Werten ist gemeinsam, dass beide die Belastung einer bestimmten Personengruppe mit einem bestimmten Umwelt(schad)stoff charakterisieren.
Dies geschieht jedoch in unterschiedlicher Weise: während bei Referenzwerten die Statistik (Festlegung eines Wertes für unter- oder überdurchschnittliche Belastung eines Individuums, ohne Bezug zur Toxikologie) im Vordergrund steht, geht es bei HBM-Werten um eine Zusammenschau von Messwert und ärztlich-toxikologischer Bewertung. Das heißt, dass Human-Biomonitoring-Werte toxikologisch abgeleitet sind.
Die Konsequenzen bei Überschreitung von Referenz- und HBM-Werten bei einem Individuum sind daher, wie in der Animation gezeigt, ganz unterschiedlich.
Literatur und weiterführende Links:
Kommission Human-Biomonitoring:
www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/kommissionen-arbeitsgruppen/kommission-human-biomonitoring
Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (1996):
Konzept der Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM) in der Umweltmedizin, Bundesgesundheitsblatt Heft 6 (1996, S. 221 - 225).