Pyrethroidbelastung nach Schädlingsbekämpfung

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Pyrethroidbelastung nach Schädlingsbekämpfung

Dieser Informationstext befasst sich mit gesundheitlichen Beschwerden im Zusammenhang mit der Verwendung pyrethroidhaltiger Mittel (z.B. auf der Basis von Permethrin) im Innenraum.

Im Mittelpunkt stehen Anwendungen zur Schädlingsbekämpfung. Darüber hinaus geht es auch um die Anwendung pyrethroidhaltiger Holzschutzmittel im Innenraum.

Nach Einsatz von pyrethroidhaltigen Schädlingsbekämpfungsmitteln im häuslichen Innenraum haben einige Anwender über gesundheitliche Beschwerden berichtet. Das Bundesgesundheitsamt bzw. das BgVV (jetzt: BfR) ist diesen Berichten im Jahr 1993 in einer an Prof. Altenkirch vergebenen Studie nachgegangen.

Neben der Tatsache, dass es sich oft um Fehlanwendungen der Mittel gehandelt hat, wurde folgendes festgestellt:

“Von insgesamt 23 untersuchten Patienten hatten 9 Fälle eine klinisch gesicherte völlig andersartige Diagnose, die keinen Zusammenhang mit einer Pyrethroid-Exposition aufwies.
In 8 Fällen wurde ein typisches Beschwerdebild, das heute in der Umweltmedizin als “vielfache Chemikalien-Überempfindlichkeit” (MCS = Multiple Chemical Sensitivity) bezeichnet wird, diagnostiziert.
Für 6 Fälle kann ein Zusammenhang zwischen den aufgetretenen gesundheitlichen Beschwerden und einer Pyrethroid-Exposition als wahrscheinlich angenommen werden.
Die vorliegenden Ergebnisse ergeben insgesamt keine Hinweise für eine langzeitige Erkrankung des peripheren und/oder zentralen Nervensystems durch Pyrethroide.”
In einer neueren Studie (BMBF & IVA, 2001) wurde dem Fall zweier Probanden nachgegangen, die nach Deltamethrinanwendung im Innenraum über gesundheitliche Beschwerden berichtet hatten.

Kurze Zeit nach der Schädlingsbekämpfungsmaßnahme beobachteten die Probanden ein Kribbeln, Jucken und Brennen der Haut sowie Trockenheit im Mund. Diese Symptome sind nach Einschätzung der Fachleute mit Pyrethroiden in Zusammenhang zu bringen. Nach 3 – 7 Tagen verschwanden sie wieder. In einem anderen Fall traten trotz hoher Pyrethroidbelastung des Körpers keine Symptome auf.

Dies spricht dafür, dass nicht allein die Höhe der Belastung, sondern auch die individuelle Empfindlichkeit eine Rolle spielen. Die genannte Studie kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:

“Nach einer Schädlingsbekämpfungsmaßnahme steigt die Pyrethroidkonzentration im Hausstaub und in der Raumluft erkennbar an, fällt im Laufe eines Jahres nahezu wieder auf die Ausgangswerte zurück. Die Pyrethroidkonzentrationen in der Raumluft bleiben stets sehr niedrig. Da die Luft der Hauptpfad für die Aufnahme der Pyrethroide ist, ist nur eine geringe Belastung der Bewohner zu erwarten. Die Konzentration von Pyrethroid-Metaboliten im Urin steigt nach einer Schädlingsbekämpfungsmaßnahme vorübergehend leicht an. (…)
Pyrethroidspezifische Symptome können vereinzelt bei Deltamethrin beobachtet werden, sind aber nur von kurzer Dauer. (…)
Beim Nervensystem der untersuchten Personen ergibt sich durch eine Pyrethroidbelastung in Innenräumen kein Hinweis auf eine neurotoxische Wirkung. Wichtige Parameter des Immunsystems weisen nach einer Schädlingsbekämpfungsmaßnahme keine abnorme Veränderungen auf. [Allerdings] besteht weiterer Forschungsbedarf”
(BMBF & IVA 2001).

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse hat das BgVV (jetzt: BfR) der Bundesregierung Vorschläge für gesetzliche Regelungen unterbreitet, die den Umgang von pyrethroidhaltigen Schädlingsbekämpfungsmitteln im Haushalt betreffen. Ein Ziel ist es, künftig zu verhindern, dass Langzeitpyrethroide in Verbraucherhand gelangen.

Einsatz pyrethroidhaltiger Schädlingsbekämpfungsmittel

Oft sind Schädlinge im Innenraum ein nach außen sichtbares Zeichen für Mängel in der baulichen Gestaltung der Wohnung und der Wohnraum- bzw. Küchenhygiene. Die Vorbeugung beginnt also damit, Lebensmittel geschützt zu lagern, Abfälle geeignet aufzubewahren und zu entsorgen und die Wohnung regelmäßig und gründlich zu reinigen. Das bedeutet konkret:

  • Lebensmittel in geeigneten Behältnissen unter Verschluß halten
  • Speisereste und Abfälle in geschlossenen Abfalleimern unterbringen
  • Lebensmittelvorräte regelmäßig auf Befall hin kontrollieren
  • Küche, Vorrats- und Wohnräume regelmäßig auch in Winkeln und Ecken reinigen
  • Türen geschlossen halten
  • Fliegengitter an Fenstern anbringen
  • Zugangswege und Brutstellen für Schädlinge mit baulichen Maßnahmen versperren
  • Insektenfallen (Lockstoff-Klebefallen usw) anbringen

Einen Überblick über Schädlingsbekämpfungsmittel (Ameisen, Blattläuse, Lebensmittelmotten, Fliegen, Fruchtfliegen, Küchenschaben, Silberfischchen, Schnecken usw) und alternative Verfahren (Klebefalle, Lockfalle / Pheromone, Duftbeutel und Duftdispenser) gibt die Zs. “Öko-Test” in der Maiausgabe 2009.

Auch nach Ausschöpfung aller genannten Möglichkeiten kann der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln – auch unter dem Aspekt der Seuchenabwehr – gelegentlich unabwendbar sein. Dann sollte die Behandlung ausschließlich von Fachleuten vorgenommen werden (Sachkundenachweis fordern!).

Zudem sollten entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um die Kontamination von Lebensmitteln, Textilien, Vorhängen, Teppichen, Möbeln und Kosmetika zu vermeiden. Fachleute sind in der Lage, der Resistenzentwicklung bei den Schädlingen durch die Auswahl geeigneter Mittel vorzubeugen. Durch entsprechende Ausbringungstechniken (Spot- und Barriereverfahren) können sie außerdem die Gesamtbelastung so gering wie möglich halten. Nichtfachleute sollten Langzeitpyrethroide im Innenraum generell nicht selbst anwenden.

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  • Bayerisches Landesamt für Umweltschutz LfU (2005): www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_btb_11_schaedlingsbekaempfung_haus_garten.pdf - Gute Informationen zu einzelnen Schädlingen (online nicht mehr verfügbar).
  • BfR (1995) Pyrethroide - Basisinformation www.bfr.bund.de (Zuletzt aufgerufen im Oktober 2016).
  • BgVV Pressemitteilung (1995): BgVV fordert besseren Verbraucherschutz beim Einsatz von Pyrethroiden www.bfr.bund.de/de/presseinformation/1995/08/bgvv_fordert_besseren_verbraucherschutz_beim_einsatz_von_pyrethroiden-763.html (Zuletzt aufgerufen im Oktober 2016).
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) & Industrieverband Agrar e.V. (IVA) Hrsg. (2001): Pyrethroidexposition in Innenräumen. Die Belastung des Menschen durch Pyrethroide (Insektenvernichtungsmittel) in Wohn- und Arbeitsräumen. Studienergebnisse.
  • Hoffmann, G. (1995): Wirkung, Einsatzgebiete und Erfordernis der Anwendung von Pyrethroiden im nicht-agrarischen Bereich. Bundesgesundhbl. 38 (8): S. 294-303.
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  • Leng, G. et al. (1998): Pyrethroide und Gesundheit - Wie gefährlich lebt der Schädlingsbekämpfer? Bundesgesundhbl. Band 41 Heft (6): S. 250-253.
  • Mersch-Sundermann, V. (1999): Insektizide. In: Umweltmedizin, Hrsg. V. Mersch-Sundermann, Georg Thieme Verlag Stuttgart, S. 248 ff.
  • Michalak, H. et al. (1999): Gesundheitliche Beeinträchtigung bei Expositionen mit überwiegend Organophosphat- und Pyrethroid-haltigen Produkten. Vergleichende Auswertungen der ärztlichen Mitteilungen bei Vergiftungen. Umweltmed Forsch Prax 4 (3): S. 134-143.
  • Öko-Test: Kille Kille (Zs. Öko-Test, Heft 05 (2009), S. 120-137.
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  • Studienergebnisse Mersch-Sundermann, V. (1999): Insektizide. In: Umweltmedizin, Hrsg. V. Mersch-Sundermann, Georg Thieme Verlag Stuttgart, S. 248 ff.
  • Stiftung Warentest (2002): Wohnen ohne Gift: sanieren, renovieren und einrichten. Stiftung Warentest, Berlin; S. 44 ff & S. 122 ff.

Autor/innen: Dr. M. Otto, Prof. K. E. von Mühlendahl

Zuletzt aktualisiert: 13.01.2024

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