Kontaktallergien und weitere Gesundheitsrisiken

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Kontaktallergien und weitere Gesundheitsrisiken

Hier gilt es zwischen Vergiftungen wegen missbräuchlicher Anwendungen, Belästigung durch Geruch mit dessen Folgen für die Gesundheit sowie direkten gesundheitlichen Auswirkungen wie zum Beispiel Allergien zu unterscheiden.

Spezifische Erkrankungen durch Duftstoffe sind bei den in Wohnräumen üblichen Konzentrationen nicht zu erwarten. Sie treten eher bei hohen Arbeitsplatzbelastungen wie z.B. in einer Parfümerie auf. Hier kann es zu Reizungen der Schleimhäute von Augen und Atemwegen kommen.

Auch neurovegetative Wirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen werden häufiger mit Gerüchen in Verbindung gebracht.

Kontaktallergien durch Duftstoffe

Duftstoffe verursachen nach Nickel die häufigsten Kontaktallergien. Bestimmte Duftstoffe wie Eichenmoos lösen dabei wesentlich häufiger Allergien aus als andere Substanzen.

Auch bei Kindern und Jugendlichen gehören Duftstoffe zu den häufigsten Kontaktallergenen. Kinder kommen schon sehr früh über Pflegemittel mit Duftstoffen in Kontakt (Mücke & Lemmen, 2011). Außerdem fanden sich ausgerechnet in sogenannten Kinderparfüms überraschend hohe Konzentrationen von allergieauslösenden Duftstoffen (Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 2010).

Manche Duftstoffe erzeugen erst dann eine allergische Reaktion, wenn die betroffene Hautstelle mit Sonnenlicht bzw. mit UV-Licht beschienen wird. Diese sogenannten photoallergischen bzw. photosensibilisierenden Duftstoffe sind zum Beispiel Moschus Ambrette, Sandelholzöl, Perubalsam, 6-Methylcumarin und Eichenmoos. Auch Teebaumöl, Anis- und Lavendelöl können unter Sonnenlicht zu allergischen Kontaktekzemen führen.

Einatmen für Allergiker in der Regel unproblematisch

Das Einatmen von Duftstoffen ist für Allergiker in der Regel unproblematisch.

In einer Inhalationsstudie wurden Patienten, die eine nachgewiesene Kontaktallergie hatten, in einer Kammer mit dem Allergen bedampft. Die Patienten trugen dabei Schutzkleidung, um einen direkten Hautkontakt zu vermeiden. War die Allergenkonzentration sehr hoch (1mg/m3), so reagierten die Patienten mit einem Wiederaufflammen alter Kontaktekzeme. Ein erneuter Versuch mit einer Allergenkonzentration, wie sie üblicherweise im Alltag vorkommt (0,01 mg/m3), führte zu keinen Hautreaktionen. Eine allergische Reaktion an den Bronchien konnte bei keiner Konzentration nachgewiesen werden. Es zeigte sich aber nach dem Allergenkontakt bei einigen Patienten eine erhöhte Empfindlichkeit der Bronchien (Schnuch, et al., 2010). 

Patienten mit einer Duftstoffallergie und Asthmatiker sollten vorsorglich die Inhalation von großen Duftstoffmengen vermeiden und auf Raumsprays, Duftbäume, Duftstoffe bei Saunaaufgüssen, etc. verzichten.

Allergietest auf Duftstoffe

Eine Kontaktallergie auf Duftstoffe weist ein Allergologe mit Hilfe eines Epikutantests nach. Bei Verdacht auf eine Kontaktallergie werden meist zunächst Duftstoffmixe getestet. Sie setzen sich wie folgt zusammen:

  • Duftstoffmix I
    Duftstoffmix I enthält: a-Amyl-Zimtalkohol 1 %, Zimtalkohol 1 %, Zimtaldehyd 1 %, Isoeugenol 1 %, Eugenol 1 %, Hydroxycitronellal 1 %, Geraniol 1 %, Eichenmoos Aabsolue 1 %. Dieser Mix wurde bereits vor mehr als 20 Jahren entwickelt. Nicht alle der enthaltenden Substanzen werden heute noch so häufig in der Industrie eingesetzt wie damals. Deshalb gibt es ergänzend den
  • Duftstoffmix II

Duftstoffmix II enthält: Lyral 2,5 %, Citral 1 %, Farnesol 2,5 %, Citronellol 0,5 %, α-Hexyl-Zimtaldehyd 5,0 %, Cumarin 2,5 %. Häufig werden zusätzlich Perubalsam (25%), Terpentin (10 %) und Lyral (5 %) getestet. Die Prozentangaben hinter den Substanzen beziehen sich auf die Konzentrationen, die in Vaseline für die Testung gelöst sind.

Vergiftungen

Bestimmungsgemäß eingesetzte Duft- bzw. Geruchsstoffe sind nicht giftig. Problematisch ist es, wenn ätherische Öle Kleinkindern verabreicht werden. In diesem Fall kann es zu lebensbedrohlichen Verkrampfungen des Kehlkopfes und zu einem Atemstillstand kommen. Weitere Vergiftungsanzeichen sind Erbrechen, Bewegungsstörungen oder Krampfanfälle (Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), 2008).

Bitte beachten Sie unsere Tipps.

Belästigung

Abhängig von ihren individuellen Lebensumständen fühlen sich Menschen von Gerüchen belästigt. Auf Dauer kann das zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führen, was weitere gesundheitliche (psychosomatische) Beeinträchtigungen mit sich bringen kann.

Neben den persönlichen Umständen hängt der Grad der Belästigung im Wesentlichen von Intensität, Häufigkeit, Dauer und der Qualität des Geruchs ab.

Die Einschätzung, ob ein Geruch belästigt, ist ferner stark von persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen geprägt. Für einen Landwirt sind die Gerüche eines Bauernhofes normal. Stadtbewohner bewerten ihn in einem breiten Spektrum von „Gestank“ bis „gesunde Landluft“. Die Bewertung des “Geruchs aus der Nachbarschaft” wird nicht zuletzt auch von der Qualität des nachbarschaftlichen Verhältnisses geprägt.

Zusätzlich kann die Geruchsbelästigung auch von der Konzentration der Duftstoffe abhängen. Manche Geruchsstoffe werden in geringer Dosis von vielen Menschen als angenehm empfunden, bei hohen Konzentrationen wechselt die Bewertung ins Unangenehme bis Ekelhafte. Extreme Gerüche können Ekel erregen und mittelbar zu Übelkeit und Erbrechen führen (Mücke & Lemmen, 2011).

Geruchsbelästigungen sind verbunden mit (Wiesmüller et al. 2013):

  • wiederholter fremdbestimmter Konfrontation
  • Empfindung einer Beeinträchtigung von Wohlbefinden bzw. Lebensqualität
  • negativer Bewertung einer fremdbestimmten Situation, die durch unerwünschte Geruchsempfindungen geprägt ist
  • einem unangenehmen Gefühl bzgl. eines Umweltstimulus, von dem eine negative Auswirkung angenommen wird.

Wissenschaftliche Untersuchungen zu Geruchsbelästigungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen liegen überwiegend für Emissionen aus der Intensivtierhaltung vor. Im Immissionsbereich solcher Anlagen werden von den Betroffenen verschiedene Symptome beschrieben: 

  • Reizungen der Schleimhäute und Augen
  • Husten, Verschlechterung von Asthma
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Kopfschmerzen
  • Schlafstörungen
  • Schwindel
  • Psychische Beschwerden
  • Allgemeine Verminderung der Lebensqualität
    (Schiffman & Williams, 2005; Nimmermark, 2004)

Wenn sich Eltern durch Gerüche belästigt fühlen, so kann es dazu kommen, dass sie den Gesundheitszustand ihrer Kinder schlechter einschätzen, als dieser eigentlich ist.

In einem konkreten Fall hatten Wissenschaftler Eltern befragt, die sich durch landwirtschaftliche Gerüche belästigt fühlten. Diese berichteten doppelt so häufig von juckenden Hautbeschwerden bei ihren Kindern, wie Eltern der nicht geruchsbelästigten Kontrollgruppe. Bei der genaueren Untersuchung der Kinder zeigte sich aber, dass keine der beiden Gruppen besonders häufig mit Ekzemen belastet war.

Auch andere Symptome werden häufiger berichtet, wenn sich die Eltern durch Gerüche belästigt fühlen. Dieser Effekt ist vergleichbar mit den berichteten Symptomen, wenn eine Lärmbelästigung besteht. Die Forscher schließen daraus, dass eine Geruchs- oder Lärmbelästigung die Umweltbesorgnis erhöht. Letztlich führt dies zu einer Überbewertung von Symptomen (Hoopmann & Werfel, 2006).

Möglicherweise erklärt dieses Phänomen einen Teilaspekt der selbstberichteten multiplen Chemikalienunverträglichkeit MCS. MCS-Patienten schildern häufig eine verstärkte Geruchsempfindlichkeit. Der Verdacht, dass die Betroffenen Gerüche besser wahrnehmen und daher anfälliger für bestimmte Reaktionen sind, konnte in verschiedenen Studien allerdings nicht nachgewiesen werden. Der selbstberichteten Duftstoffsensitivität von MCS-Patienten läge demnach keine erhöhte Riechleistung zugrunde, sondern eine andere Bewertung (Mücke & Lemmen, 2011).

Ergänzende Informationen:

Umweltmedizinische Bewertung

Wirkmechanismen von Befindlichkeitsstörungen werden mithilfe von drei Modellen erklärt (Wiesmüller et al. 2013):

  1. Modell der Noxe
    physiologische Beziehung zwischen Umweltfaktor und Reaktion des Menschen
  2. Modell der Attribution
    ein gesundheitlicher Zustand wird einem Umweltfaktor zugeschrieben
  3. Stressmodell
    ein Umweltfaktor wird bewusst wahrgenommen und als unangenehm, schädlich oder bedrohlich erlebt

Wirkung von Gerüchen

Die Wirkung von Gerüchen kann mit zwei Modellen erklärt werden:

  • Geruch als Marker,
  • Geruch als Stressor.

Zum einen kann Geruch als Marker, der auf eine gesundheitlich relevante Exposition hindeutet, dienen. Der Geruch selber ist in diesem Fall unbedeutend. In einigen Fällen können Gerüche aufgrund einer Konditionierung, z.B. durch ein Trauma, Symptome verursachen, obwohl keine physiologisch relevante Dosis erreicht wurde. Zum anderen ist die subjektive Geruchswahrnehmung stark vom Kontext abhängig. Eine starke Belästigung kann zu Symptomen und chronischen Stress führen, ohne dass eine physiologisch relevante Belastung durch eine Exposition besteht. Eine klare Trennung zwischen den beiden Modellen Geruch als Marker bzw. Stressor ist in der umweltmedizinischen Bewertung jedoch nicht immer möglich (Herr et al. 2013).

Toxikopie

Bei der Toxikopie werden Symptome einer Vergiftung kopiert und mit einem bestimmten Geruch in Verbindung gebracht. Bei der Wahrnehmung dieses speziellen Geruchs können Vergiftungssymptome auftreten, ohne dass eine relevante Exposition stattgefunden hat. Vermutlich werden Informationen auf eine Weise subjektiv bewertet, durch die eine Noxe mit dem Beschwerdebild einer Vergiftung in Verbindung gesetzt wird und dessen Symptome kopiert werden (Herr et al. 2013).

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  • Mücke, W., Lemmen, C. (2012): Geruchsstoffe und Gesundheit. Teil 3: Duftstoffe und Gesundheit. In: Umweltmedizin in Forschung und Praxis, Heft 17 (1), S. 51-62.
  • Mücke, W., Lemmen, C. (2012): Geruchsstoffe und Gesundheit. Teil 5: Gerüche in der Außenluft – Herkunft und Auswirkungen. In: Umweltmedizin in Forschung und Praxis, Heft 17 (4), S. 221-232.
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Autor/innen: J. Kiel M. Sc. | J. Linnemann M. Sc.   

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