Verwendung und Belastungsquellen

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Verwendung und Belastungsquellen

Welche Weichmacher gibt es?

Phthalate mit niedrigem Molekulargewicht (LMW = Low Molecular Weight) haben sowohl weichmachende als auch lösemittelähnliche Eigenschaften.

Sie werden daher hauptsächlich verwendet:

  • Als Lösemittel in Farben und Lacken, Druckfarben, Klebstoffen und Schädlingsbekämpfungsmitteln
  • Als Zusatz zu kosmetischen Produkten (Parfüm, Nagelmodellierung)
  • Als Vergällungsmittel für Kosmetik-Ethanol (DEP, Konzentration 1 %)
  • Als Schmiermittel und Antischaummittel
  • Als Zusatzstoff in Sport- und Freizeitartikeln ( z.B. Leuchtstäbe)
  • Als Überzug in magensaftresistenten Arzneimitteln und als Hilfsstoff in Arzneimitteln mit zeitgesteuerter Wirkstoffabgabe (hauptsächlich DEP und DBP) (DBP ist in diesem Anwendungsbereich weiterhin zugelassen, vgl. § 17 der Verordnung (EU) 143/2011 vom 17.2.2011)

Phthalate mit hohem Molekulargewicht (HMW) werden hauptsächlich als Weichmacher für Kunststoffe (meist PVC) eingesetzt.

  • Bei Weich-PVC beträgt der Weichmachergehalt durchschnittlich 30-35 %.

Das Spektrum der als Weichmacher eingesetzten Phthalate ändert sich mit der Zeit, wie entsprechende Monitoring-Untersuchungen des Hausstaubs zeigen.

Humanbiomonitoring-Untersuchungen spiegeln dies gleichfalls wider: in den Jahren 1988 – 2008 hat die Exposition gegenüber DnBP um den Faktor 7 – 8 und die gegenüber DEHP / BzBP um den Faktor 2 – 3 abgenommen. Im gleichen Zeitraum ist die Exposition gegenüber DINP um den Faktor 4 gestiegen (Göen et al. 2011).

Weichmacher im Wohnumfeld werden mit dem Phänomen der “Schwarzen Wohnungen” (dem so genannten “fogging”) in Verbindung gebracht (Umweltbundesamt 2007).

Zusätzliche Informationen: 

Innerhalb weniger Tage oder Wochen nach Wohnungsbezug, nach Renovierungsarbeiten oder zu Beginn der Heizperiode bildet sich ein schwarzer Belag auf den Wänden. Es wird vermutet, dass schwerflüchtige organische Verbindungen (darunter Phthalate) aus Baustoffen und Einrichtungsgegenständen ausgasen und mit Schwebstoffen aus der Luft einen schwärzlichen Schmierfilm bilden. Dieser ist zwar nicht gesundheitsschädlich, wirkt aber aus ästhetischen Gründen störend.

Belastungsquellen

Durch den verbrauchernahen Einsatz als Weichmacher ist die Bevölkerung gegenüber Phthalaten exponiert. Im Fokus stehen 7 Phthalate, die in hohen Konzentrationen eingesetzt werden (Völkel et al. 2011). Die Hauptaufnahmewege sind Luft und Lebensmittel.

Weichmacher und Lebensmittel

Für HMW-Phthalate wie z.B. DEHP und DINP ist die Nahrung eine wichtige Belastungsquelle (Wittassek et al. 2011). Die mengenmäßig größte Zufuhr von Weichmachern erfolgt über den Magen-Darm-Trakt.

Für LMW-Phthalate wie z.B. DnBP, DiBP, BBzP spielen lebensstilabhängige Quellen (Kosmetik, Körperpflege) eine wichtige Rolle.

Das zeigten Versuche mit Probanden, die 2 Tage lang nur Mineralwasser zu sich nahmen. Die (nahrungsbedingten) HMW-Phthalate fielen stark ab, während die (lebensstilbedingten) LMW-Phthalate nur geringfügig zurückgingen (Wittassek et al. 2011; Koch et al. 2013).

Die meisten Verbraucher unterschreiten mit 13-21 µg DEHP je Kilogramm Körpergewicht und Tag deutlich die von der Europäischen Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegte tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 50 µg. Nur etwa 1 von 100 Verbrauchern könnte durch einen andauernden Konsum von Lebensmitteln mit sehr hohen DEHP-Gehalten den TDI-Wert überschreiten.

DEHP und andere Weichmacher können von Verpackungen auf Lebensmittel übergehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in einer Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) fetthaltige Würzsoßen (z.B. Mayonnaise), ölhaltige Fertigprodukte (z.B. Gemüse), Fisch aus Gläsern und ölhaltige Konserven höhere Konzentrationen aufwiesen als lose unverarbeitete Ware.

Fettreiche Lebensmittel haben einen höheren Phthalatgehalt. Der Mittelwert der Phthalatkonzentration von Butter liegt bei 3,47 μg/g, der von Kartoffeln dagegen bei nur 0,08 μg/g.

Die nachfolgende Tabelle zeigt auf, über welche Lebensmittelgruppe die höchste DEHP-Aufnahme erfolgt (nach Altersgruppen geordnet, Mittelwert-basiert).

 

Platz 1

Platz 2

Platz 3

Kinder
(6 Monate – 2 Jahre)

Getreide
(-erzeugnisse)

20%

(pflanzliche) Fette
 

18%

Obst
 

13%

Kinder
(2-5 Jahre)

Getreide
(-erzeugnisse)

20%

Obst
 

13%

Butter
 

13%

Kinder
(6-17 Jahre)

Würzsoßen (z.B. Mayonnaise) 

50%

Milchprodukte
 

7%

Brot/ Brötchen
 

7%

(junge) Erwachsene
(14 – 80 Jahre)

Brot/ Brötchen
 

14%

Würzsoßen (z.B. Mayonnaise)

14%

Butter
 

8%

Eigene Darstellung nach Heinemeyer et al. 2012

Aus der Tabelle lässt sich erkennen, dass es in Bezug auf die Phthalatbelastung vier problematische Lebensmittelgruppen gibt: Fette, Getreide(-produkte), Milch(-produkte) und Obst (aufgrund der hohen Aufnahmemenge). Für Erwachsene ist die DEHP-Aufnahme über Lebensmittel insgesamt gering bis moderat. Für Kinder können Lebensmittel, neben der Aufnahme über Hausstaub und „mouthing“, jedoch eine bedeutende DEHP-Expositionsquelle sein.

Weitere Informationen zu Weichmachern in Lebensmitteln erhalten Sie unter “Analytik, Biomonitoring und Grenzwerte” und “Tipps zur Vorbeugung”.

Wohnumwelt und Lebensstil

Die wichtigsten Quellen für Weichmacher im Wohnumfeld sind PVC-Bodenbeläge und Vinyltapeten. Andere mögliche Quellen sind z. B. Kunstleder, Regenbekleidung, Gummistiefel, Dicht- und Dämmfolien, Kabelummantelungen, Wasserbetten, Tischdecken, Duschvorhänge, Sportutensilien und Kinderspielzeug.

Kosmetika: Nagellacke werden durch Weichmacherzusatz weniger splitteranfällig und Duftstoffe in Parfümen verdunsten in Anwesenheit von Weichmachern langsamer. Hier kommen hauptsächlich niedermolekulare Phthalate (LMW-Phthalate) zum Einsatz.

Die lebensstilabhängige Belastung des Körpers mit LMW-Phthalaten ist in etwa so bedeutsam wie der Nahrungsmittelaufnahmepfad.

Hausstaub wirkt als “Schadstoffsenke” für Weichmacher. Als möglicher Belastungspfad scheint Hausstaub jedoch keine oder nur eine untergeordnete Rolle zu spielen (Kommission “Human-Biomonitoring“, 2011).

Im Sommer können sich Kraftfahrzeuge stark aufheizen und aus den enthaltenen Kunststoffen können Weichmacher ausgasen. Diese werden in nennenswerter Menge über die Lunge aufgenommen.

Weichmacher in Arzneimitteln, Medizinprodukten und -geräten

Dibutylphthalat (DBP) und Diethylphthalat (DEP) werden in einigen Arzneimitteln als Hilfsstoffe eingesetzt. Sie dienen hier dazu, Filmtabletten und Dragees magensaftresistent zu machen und den Wirkstoff kontrolliert/zeitgesteuert freizusetzen. Einige dieser Präparate werden rezeptfrei verkauft. Nach Untersuchungen der Universität Erlangen (Koch und Mitarbeiter, 2005) kann es insbesondere bei der Einnahme von Mitteln gegen chronische Erkrankungen dazu kommen, dass die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) erreicht oder auch überschritten wird. Eine akute Gesundheitsgefährdung ist damit nicht verbunden.

Zurzeit ist DBP ein arzneimittelrechtlich zugelassener Hilfsstoff, seine weitere Verwendung in Arzneimitteln sollte aber kritisch geprüft werden. Frauen während der Schwangerschaft bzw. Stillzeit und Eltern insbesondere von Kleinkindern können vorsorglich ihren Arzt oder Apotheker auf DBP-freie Präparate ansprechen.

In bestimmten Lebenssituationen (z. B. bei Bluttransfusionen, Hämodialyse oder bei künstlicher Ernährung) können Weichmacher aus Medizinprodukten auf direktem Wege ins Blut gelangen. Wie hoch die Exposition ist, hängt von der Art des Gerätes und der Dauer der Nutzung ab. Bei der Hämodialyse findet sich bei Erwachsenen die höchste Exposition (bis zu 2200 μg/kg pro Tag). Bei Neugeborenen liegt diese in Bezug auf das Körpergewicht deutlich höher (bis zu 6000 μg/kg Körpergewicht/Tag).

DEHP in Medizingeräten kann in den menschlichen Körper gelangen, es gibt jedoch bisher keine Evidenz dafür, dass dieses gesundheitsschädliche Auswirkungen hat.

 

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Autor/innen: Dr. M. Otto, Prof. K. E. von Mühlendahl, S. Höppner, M.A.

Zuletzt aktualisiert: 14.01.2024

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